
Saša Martinović geht in seine zweite Saison bei den Tölzer Löwen. Im ausführlichen Interview spricht er unter anderem über seine erste Löwen-Spielzeit, das sportliche Karriere-Highlight KHL und natürlich die derzeitigen Corona-Einschränkungen.
Löwen: Wie geht´s dir? Alles gesund?
Martinović: Danke, mir geht´s sehr gut. Ich bin gesund und fühle mich gut.
Wie habt ihr in der Mannschaft auf die erneute Verlegung des Saisonstarts reagiert?
Wir sind alle enttäuscht, da kann ich denke ich für alle sprechen. Natürlich ist man nicht zufrieden, wenn man den Verlauf sieht, dass vieles ungewiss ist. Ich finde, wenn man die Entwicklung seit dem Lockdown sieht, hat alles wieder geöffnet: Jedes Shoppingcenter, jedes Restaurant. Vom Kino, übers Fitnessstudio bis zu Messen durften alle wieder eröffnen, auch im Flugzeug sitzt man nebeneinander. Sogar die Saunen haben wieder geöffnet, umso merkwürdiger finde ich es, dass wir nicht spielen dürfen. Ich finde es schade, dass wir im Eishockey keinen Schritt vorangekommen sind. Ich denke, es wird zu wenig Druck ausgeübt auf die Politik. Ich bringe mal ein Beispiel: Ein Starkoch, der mehrere Restaurants führt, tritt weinend im Fernsehen auf, um etwas zu bewegen. Auf der anderen Seite schaffen es 28 Profi-Eishockeyvereine, oder auch Basketball und Handball, nicht, dass da etwas vorangeht. Und das obwohl sie viel mehr umsetzen, viel mehr Zuschauer haben, als beispielsweise der Starkoch.
Eines der Ziele mit dem Wechsel nach Bad Tölz war mit deinem Bruder zusammenzuspielen. Wie war das für euch vergangene Saison?
Mich hat es sehr gefreut, ich möchte es definitiv nicht missen. Es war eine Bereicherung für mein ganzes Leben, das werde ich nie vergessen. Es hat sehr viel Spaß gemacht, ihn täglich zu sehen. Schon morgens in der Kabine beim Kaffeetrinken und dann aufs Eis zu gehen. Die Spannung, sich bei den Spielen zu pushen, immer das Beste zu geben. Früher haben wir in der DEL gegeneinander gespielt oder uns gegenseitig auf der Tribüne zugeschaut. Da war es schon ein lang ersehnter Wunsch einmal zusammenzuspielen.
Du hast als Kind viele Sportarten neben dem Eishockey ausgeübt. Wie sieht’s da aktuell mit Hobbys aus?
Ja, als Kind habe ich Baseball gespielt, auch Fußball im Verein. Nach der Eishockeysaison habe ich immer die Rückrunde im Fußball genossen. Mittlerweile spiele ich gerne Tennis. Das ist ein echtes Hobby geworden, alleine schon, weil man nur einen Mitspieler braucht, was natürlich alles vereinfacht. Das macht mir Riesenspaß. Auch von der Koordination her ist es mit den schnellen Start-/Stopp-Bewegungen sehr gut. Es ist also auch ein gutes Training.
Tennis spielst du gerne auch mit Johannes Sedlmayr und Yasin Ehliz. Wie ist die Freundschaft zwischen dir und Yasin entstanden?
Nachdem ich vier Jahre im Ausland gespielt habe, bin ich nach Nürnberg gekommen. Dort haben wir uns kennengelernt, zwei Jahre gemeinsam gespielt. Wir haben den engen Kontakt auch nachdem ich Nürnberg verlassen habe gehalten. Wir haben im Sommer immer viel Zeit verbracht, viel telefoniert. Wir sind auch schon zusammen in den Urlaub geflogen. Durch die verkürzte Saison war er jetzt auch länger hier als geplant. Da haben wir natürlich auch sehr viel Zeit verbracht. Insbesondere Radfahren, zusammen trainieren oder eben auch Tennis spielen.
Du hast deine Zeit in Zagreb schon angesprochen. Hat die Stadt in deinem Herzen einen besonderen Platz?
Auf jeden Fall. Vom Eishockey her war das das höchste Niveau, das ich gespielt habe. Wenn man gegen Weltstars wie Kovalchuk, Panarin oder Radulov spielt, ist das natürlich etwas Besonderes. In so einem riesigen Land zu reisen, zu sehen, wie die Uhr dort tickt, wie trainiert wird ist schon nochmal etwas ganz anderes, als man es hier in Deutschland auch in der DEL gewohnt ist. Das war von der Stadt her mit die schönste Stadt, in der ich gespielt habe. Vom Wetter her natürlich auch super. Nicht weit vom Meer entfernt, wenn man mal ein, zwei Tage frei bekommen hat, konnte man sich dort auch mal entspannen. Das war natürlich echt schön.
Kannst du dir vorstellen dort später mal zu leben? Oder bleibt Füssen die Heimat?
Füssen wird immer die Heimat bleiben. Da wurde ich geboren, habe dort sehr viele Freunde. Auch meine Eltern leben dort. Aber Zagreb ist schon etwas Besonderes. Ich kann mir schon vorstellen, dort eines Tages zu leben. Es hat mir dort sehr gut gefallen.
KHL-Teams haben für gewöhnlich riesige Kader. Wie war es für dich, diesen Konkurrenzkampf zu leben und dich schlussendlich auch durchzusetzen?
Das war natürlich am Anfang sehr schwierig. Zum Teil wird man da schon etwas panisch, wenn man sieht, dass nur sechs Verteidiger pro Spiel eingesetzt werden. Unser Kader hatte oft vier Torhüter, zwölf Verteidiger und über sechs Sturmreihen. Da macht man sich schon sehr viele Gedanken, wo man seinen Platz findet und ob man überhaupt eine Chance bekommt. Das war natürlich eine sehr große Herausforderung. Da muss man natürlich auch mental stark blieben, wenn man sich nicht direkt durchsetzt und nicht aufgeben, wenn es vielleicht mal nicht läuft. Ich hatte eine gute Vorbereitung und nach den ersten vier Spielen war ich eigentlich im Kader bis zum Saisonende gesetzt. Ich habe hart gearbeitet, dem Trainer auch das in mich gesteckte Vertrauen zurückgegeben. Aber das war auf jeden Fall eine harte Herausforderung. Es ist natürlich alles machbar, aber der Konkurrenzkampf war schon riesig. Meine Mitspieler hatten alle mehrere Hundert NHL-Spiele, dann kommst du mit damals ungefähr 400 DEL-Spielen daher, das war natürlich schon eine Herausforderung.
Herausforderungen prägen natürlich auch: Letzte Saison warst du vom Alter her der Leitwolf in der Verteidigung, das war ja durchaus eine neue Rolle für dich.
Klar, das war schon eine Umstellung. Man merkt vom Niveau her einen Unterschied. In der DEL ist es natürlich alles etwas strukturierter, die Spieler sind weiter entwickelt. Wenn man mit weiter entwickelten Spielern spielt, ist es auch etwas einfacher, weil man nicht auf die anderen achten muss, sondern nur seine eigene Sache macht. Hier hat es eine Zeit gedauert, bis man sich zurechtfindet. Versteh mich nicht falsch: Die Jungs waren trotzdem super, sie haben alles gegeben. Man sieht die Fortschritte bei allen. In der Vorbereitung war alles noch sehr viel Neuland, mit dem neuen System zu spielen. Die Fortschritte hat man dann aber in der Saison gesehen, dadurch standen wir auch nicht umsonst oben.