
Tyler McNeely und Shawn Weller werden noch eine Weile in Deutschland bleiben. Die Entwicklungen rund um das Coronavirus, die zurückliegende Saison und die gegenseitige Wertschätzung im Verein sind Thema des gemeinsamen Interviews.
Starten wir mit der wichtigsten Frage: Wie geht’s euch derzeit?
McNeely: „Wir fühlen uns gut. Wir haben keinerlei Probleme. Dadurch, dass wir auf einem Bauernhof leben, sind wir in gewisser Weise ohnehin etwas in Quarantäne. Es ist schön hier draußen, wir genießen unsere Zeit. Sowohl Shawn, als auch Kate und Jackie (Freundin und Frau von Weller/McNeely) fühlen sich gut.“
Weller: „Ja, sehe ich genauso. Hier ist alles gut, wir fühlen uns gesund. Wir haben ein paar freie Tage und genießen die Zeit auf dem Bauernhof.“
Zum Sportlichen: Platz fünf, leider keine Playoffs. Seid ihr zufrieden mit der Saison?
Weller: „Meiner Meinung nach war es eine großartige Saison für die Tölzer Löwen, für die Stadt und die Fans. In die Top sechs zu kommen war eines unserer internen Ziele. Natürlich wollten wir auch die Meisterschaft gewinnen, aber leider waren wir nicht in der Lage das zu tun. Ich denke wir beide sind mit der Entscheidung der Liga einverstanden. Die oberste Priorität muss sein, dass jeder sicher ist. Wir sind enttäuscht, dass die Saison so enden musste, es ist unglücklich gelaufen. Hoffentlich beruhigen sich die Dinge über den Sommer und wir können nächste Saison neu angreifen.“
Tyler, kannst du die Entscheidung, die Liga vorzeitig zu beenden, ebenfalls nachvollziehen?
McNeely: „Ich bin da komplett bei Shawn. Wichtig ist, dass jeder sicher ist und gesund bleibt – alle Fans und jeder im Verein. Wenn Dinge wie diese passieren, merkt man, dass Eishockey nur ein Spiel ist. Es ist nicht im Fokus aktuell. Jeder Sportler, egal in welcher Liga, wird das genauso beantworten. Die Gesundheit deiner Familie, deiner Freunde und jedem, der dich unterstützt muss an oberster Stelle stehen.“
Shawn hast den Meisterschafts-Traum angesprochen. Was wäre in den Playoffs möglich gewesen, Tyler?
McNeely: „In den Playoffs ist alles möglich. Die Playoffs sind eine ganz spezielle Zeit. Es gibt viele Variablen, wie beispielsweise Verletzungen. Wir haben gegen jedes einzelne Team gut gespielt, haben jedes Playoff-Team mindestens einmal geschlagen. Wir hatten eine gute Truppe zusammen, wären mit einem guten Gefühl in die Playoffs gestartet. Ich denke nicht, dass es verrückt wäre zu sagen, dass wir die Meisterschaft hätten gewinnen können. Das sind nun einfach Dinge, die man nicht ändern kann, die man akzeptieren und sein Bestes tun muss.“
Du hast die nächste Saison schon angesprochen, Shawn. Habt ihr ein wenig Extra-Motivation, jetzt wo euch die Geschenke kurz vor dem Auspacken weggenommen wurden?
Weller: „Absolut. Ich denke, das geht allen Jungs in unserer Kabine so. Man fängt jede Saison an, um am Ende die Meisterschaft zu gewinnen. Wenn dir die Chance geklaut wird – vor allem mit solch verrückten Umständen – bringt das jeden zum Nachdenken und auch Motivation für die nächste Saison.“
Ihr habt beide einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben. Wie gefällt´s euch in Bad Tölz?
Weller: „Super! Wir haben uns sehr gefreut, direkt für zwei Jahre zu unterschreiben. Es war eine neue Situation, wir wussten nicht wirklich, was uns erwartet. Es war aber nicht nur sportlich – mit der Top-6-Platzierung – ein großartiges Jahr. Man lernt seine Mitspieler im Laufe der Saison immer besser kennen und kann nun für nächstes Jahr darauf aufbauen. Die Jungs sind zusammengewachsen, deshalb hoffen wir, dass viele der Jungs spätestens im August zurückkommen, damit wir die nächste Saison auf dem richtigen Fuß beginnen können.“
McNeely: „Ja, zurück in Bayern zu sein ist toll. Die Stadt, die Menschen in der Stadt, die Beziehungen, die du aufgebaut hast waren für Jackie und mich genial. Wir lieben es hier. Die Atmosphäre im Stadion und die positive Aufregung der Fans rund um das Team waren super. Wir können nur Positives sagen und sind sehr glücklich hier zu sein.“
Ihr seid beide aus Nordamerika. Dürftet ihr Deutschland derzeit verlassen, um in die Heimat zu fliegen?
McNeely: „Als Staatsbürger der USA und Kanada dürften wir in unsere Länder zurückreisen. Für uns macht es derzeit aber keinen wirklichen Unterschied. Alle Länder ergreifen zurzeit verschiedene Maßnahmen, regulieren das öffentliche Leben und legen sich selbst mehr oder weniger still. Egal, wo du bist, wärst du derzeit in derselben Situation. Wir sind gerade sehr glücklich hier, nehmen uns etwas Zeit zum Entspannen und uns nach dem Wahnsinn der letzten Woche etwas zu sortieren. Wir werden sehen, was in den nächsten Wochen passiert, um unsere Entscheidung nach Hause zu gehen zu treffen.“
Weller: „Man sieht derzeit, wie die Dinge sich täglich ändern. Jedes Land führt durchgehend neue Maßnahmen ein. Wir nehmen es also Tag für Tag und genießen unsere Zeit hier. Wir genießen das Leben in Deutschland im Sommer ohnehin sehr. Es ist also nicht so dramatisch für uns. Natürlich vermissen wir unsere Freunde und Familien über den Winter hinweg, also werden wir versuchen ein paar Wochen nach Nordamerika zu kommen.“
Also bliebt ihr erstmal in Deutschland in euren Vereins-Wohnungen?
McNeely: „Ja, die Löwen als Verein waren in ihrer Unterstützung großartig. Wir bekommen regelmäßige Updates über alle Dinge, die wir benötigen. Der Club unterstützt uns mit den Wohnungen und Autos enorm. Sie haben während dieser schwierigen Phase enorm geholfen, das war und ist eine starke Art der Wertschätzung, die uns sehr freut.“
Wie ist die Situation für eure Freunde und Familien in Nordamerika?
Weller: „Es geht ihnen ziemlich ähnlich, wie uns. Es gibt eigentlich keine Unterschiede. Wir sprechen täglich mit unseren Familien. Gestern hat meine Mutter erzählt, dass sie in Amerika auch die Schulen schließen und bald nur noch Lebensmittelgeschäfte aufhaben werden. Wir halten uns gegenseitig auf dem Laufenden.”
Ihr habt schon angesprochen, dass ihr euch erstmal sortieren müsst. Das Sommertraining muss also noch warten?
McNeely: „Ja, genau. Noch gibt es kein offizielles Sommertraining. So eine Saison kann auch ohne Playoffs ziemlich lang werden. Mit all den ungewöhnlichen Umständen braucht man auch mental ein bisschen, um das alles zu verarbeiten. Wir versuchen unser Leben so normal, wie möglich weiterzuleben und diese letzten zwei Wochen, in denen wir entspannen können, zu genießen. Dann werden wir – falls möglich – zurück ins Fitnessstudio zu gehen und falls nicht uns natürlich anderweitig bestmöglich fit zu halten.”