
Seit April 2017 ist Christian Donbeck Geschäftsführer der Tölzer Eissport GmbH. Seitdem hat sich in Bad Tölz nicht nur die Ligenzugehörigkeit verändert. Im großen Interview spricht er vor dem heutigen Saisonbeginn über die Treue der Fans und Sponsoren, den Löwenkader, Änderungen im Stadion und im deutschen Eishockeysport.
Endlich geht’s los: Heute startet die neue Saison. Sind auch Sie froh, dass es endlich los geht?
“Auf jeden Fall. Der Sommer war mit Sicherheit aufregend und sehr kurzweilig. Wir haben durch die Playdowns erst spät planen können. Dementsprechend war das Zeitfenster für Lizenzierung, Neuverpflichtungen, Trainerverpflichtung und Sponsorengespräche sehr klein. Deswegen hat sich das Ganze natürlich komprimiert. Aber wir haben alles sauber hinbekommen und gehen sehr positiv und motiviert in die neue Saison.”
Auch das Vertrauen der Löwenfans scheint da zu sein. Es sind über 800 Dauerkarten verkauft worden, die Unterstützung der Fans ist enorm wichtig, oder?
“Absolut. Man muss den Fans ein riesiges Kompliment aufgrund der letzten Saison machen. Dafür, dass wir 52 Spieltage – auf gut bayrisch gesagt – am Schwanz hinten gespielt haben, hatten wir einen unglaublichen Zuspruch von den Fans. Das hat sich jetzt über den Sommer fortgesetzt. Ich weiß wenige Zeiten, in denen in Tölz so viele Dauerkarten verkauft worden sind. Das ist natürlich für die Planungssicherheit sehr gut und zeigt uns, dass die Fans auch weiter zu uns stehen.”
Waren durch die vielen verkaufen Dauerkarten auch andere finanzielle Möglichkeiten vorhanden?
“Man muss da vorsichtig sein. Der Dauerkarten-Besitzer fehlt uns natürlich als Tageskarten-Käufer. Es ist auch ein Preisnachlass von 10-15%, dazu wurde das Frühbücher-Angebot sehr gut angenommen. Die Wirtschaftlichkeit verschiebt sich durch den Dauerkarten-Verkauf nicht groß. Es ist der Zuschauerschnitt pro Spiel, der die Wirtschaftlichkeit beeinflusst. Aber natürlich ist es auch für die Sponsoren, die Geschäftsleitung und unser Präsidium beruhigend, wenn wir wissen, dass die Fans wieder heiß auf Tölzer Eishockey sind. Das macht es schon einfacher.”
Sind Sie trotz vergleichsweise wenig Zeit zur Kaderzusammenstellung zufrieden mit dem Löwenkader? Wer trifft die Entscheidungen über Verpflichtungen?
“Wir sind ein fünfköpfiges Gremium. Mit Hubert Hörmann (ECT-Präsident), Birgitt Breiter, die gemeinsam mit dem Steuerbüro ETL für die Berechnung verantwortlich ist und den Trainern Florian Funk und Markus Berwanger.Zu der späten Planungssicherheit sind die Abgänge von Beppo Frank und Christian Kolacny erschwerend dazu gekommen. Die beiden konnten uns erst im Juni/Juli Bescheid geben wie es weitergeht. Ein deutscher Verteidiger ist ganz schwer auf dem Markt zu bekommen – noch dazu von dieser Qualität. Dementsprechend hat es das nicht einfacher gemacht. Aber so sind die Begebenheiten und so ist der Sport. Ich denke trotzdem, dass wir mit der Auswahl von Spielern, im wirtschaftlichen Rahmen und auch was den gesuchten Spielertyp angeht, unsere Hausaufgaben bestmöglich erledigt haben. Im Endeffekt entscheidet sich das unter der Saison, aber ich denke, dass wir menschlich, von der Altersstruktur und auch von der sportlichen Qualität eine gute Mannschaft haben. Dazu zählen nicht nur die Neuzugänge, sondern auch Spieler, wie Schlager, Schwarz, Sedlmayr oder unsere jungen Talente. Das sind schon super Typen.”
Haben die Abgänge von Frank und Kolacny auch bei der Entscheidung für zwei Kontingentverteidiger mitgespielt?
“Selbstverständlich. Der deutsche Verteidiger ist Ende März/April heiß umworben oder schon weg vom Markt. Dementsprechend mussten wir dann sehen, wie wir das kompensieren können. Wir haben die Situation gehabt, dass wir Lubor Dibelka kriegen konnten, der von der Qualität wie ein Ausländer spielen kann. Wir haben Valentin Gschmeissner bekommen, der im besten Alter ist, und haben da zumindest eine Lücke ersetzen können. Durch den zweiten ausländischen Verteidiger haben wir das Bestmögliche gemacht. Beppo Frank und Christian Kolacny als Menschen und Teamkameraden zu ersetzen ist unmöglich.”
Es fehlen zum Start direkt zwei Top-Stürmer. Haben Sie Bedenken, dass die Mannschaft zu wenig Tiefe hat?
“Wir haben einen schlanken Kader, ja. Von der Breite her ist das mit Sicherheit grenzwertig. Nur stellt sich die Frage, ob ich in die Breite gehe und einen großen Kader habe – jeder Spieler kostet mit Lizenzierung, Ausrüstung, Berater extra – oder versucht man einen schlanken Kader mit hoher Qualität zu halten und versucht aus den eigenen Reihen wieder jungen Spielern eine Chance zu geben mit einer realen Chance, dass sie auch regelmäßig spielen. Da muss man sich mit den Jungs hinsetzen und für die nächsten beiden Jahre planen. Wir haben mit Schwarz, Tosto, Ehliz, Horschel, Reiter und Heinzinger wieder sechs junge Tölzer unter Vertrag. Dazu kommen noch die gestandenen Tölzer, das soll uns erst einmal jemand nachmachen.”
Es sind auch keine externen Neuzugänge mehr geplant?
“Wenn wir irgendeinen Glücksgriff machen könnten, den allerdings die ganze Liga sucht, dann machen wir das natürlich in Absprache mit unserem Präsidium, Trainer und dem Controlling. Nur müssen wir sehen, dass wir in Bad Tölz sind und ein gewisses Budget zur Verfügung haben, in dem wir uns bewegen. Es darf bei uns einfach nicht sein, dass wir für die vierte Reihe einen externen Spieler holen. Wenn er 1000€ netto möchte, kommen noch Wohnung und Auto dazu. Dann sind wir schnell bei knapp 2000€ netto, die wir noch versteuern müssen. Dazu kommen Spieleragent, Ausrüstung und Transfergebühren. Da ist man schnell bei 35.000€ pro Saison, die man für einen Spieler der vierten Reihe zahlen muss, in der man eigentlich junge Spieler ausbilden soll. Wenn wir einen Spieler hätten, der für die ersten beiden Reihen in Frage kommt, wird er dementsprechend kosten und das können wir uns aktuell nicht leisten.”
Das Team hatte in der Vorbereitung durchaus Erfolg. Wie fällt das Saisonziel aus?
“Wir wollen mit Sicherheit nicht, wie in der letzten Saison, durchgehend in der hintersten Region sein. Ich denke, das können wir uns auf die Fahne schreiben ohne größenwahnsinnig dazustehen. Unser Ziel ist einfach bis zum Schluss um die Pre-Playoffs oder Playoff-Plätze mitzuspielen. Wenn alle fit sind, haben wir die Möglichkeit, weil wir uns auf allen Positionen verstärkt haben. Die Ausfälle von Schlager und Dibelka schmerzen besonders, weil unnötige Fouls vorangegangen sind. Ein harter Kniecheck und ein unmöglicher Check von hinten eines erfahrenen Spielers. Es ist nun mal so, wie es ist. Wir dürfen nicht jammern, es kann uns unter der Saison treffen, es kann uns vor der Saison treffen oder in den Playoffs. Wir müssen uns auf das, was wichtig ist fokussieren: Spiele zu gewinnen und keine Zeit mit Jammern zu verbringen.”
Gehen wir etwas weg vom Geschehen auf dem Eis. Die Qualität der Soundanlage in der Arena war in den letzten Monaten ein Dauerthema in Tölz. Können Sie einen Einblick geben?
“Es ist ein technisches Problem. Viele denken, dass es den Stadtwerken oder den Tölzer Löwen egal ist – das ist mit Sicherheit nicht so. Die Stadtwerke muss man da in Schutz nehmen und klarstellen: Herr Huber als Geschäftsführer der Stadtwerke kommuniziert hervorragend mit uns, wir haben aktuell erneut Tests und Messungen im Stadion. Es werden Verstärker ausgetauscht und ich denke, dass wir es bis heute Abend hinbekommen die Lautsprecheranlage klar zu verbessern. Man muss natürlich auch sagen, dass fünf Lautsprecher in der Eishalle nicht das einzige Problem in Bad Tölz sind, da muss man die Stadtwerke etwas in Schutz nehmen. Da gibt es noch wichtigere Sachen. Wir haben einen super Ansprechpartner mit Herrn Oberleitner. Sobald wir die Hand heben, dass wir Hilfe brauchen, helfen uns die Stadtwerke von vorne bis hinten. Da sind wir sehr dankbar, dass wir einen so guten Partner haben.”
Erstmals SpradeTV-Übertragungen in Bad Tölz: Ein weiterer wichtiger Schritt sich in der Liga zu etablieren?
“Auf jeden Fall. Ich muss der Liga und René Rudorisch danken, dass sie uns letzte Saison ein bisschen Luft gelassen hat. Da müssen wir einen riesigen Dank aussprechen. Die Übertragung ist diese Saison Pflicht. Das Ganze ist nicht nur mit Kosten vom Material verbunden, sondern auch mit Personalkosten. Wir haben an einem Spieltag bis zu 40 Personen – Pressesprecher, Sanitäter, Ordner, Security, Bank- und Videoteam, die wir rund um den Spielbetrieb beschäftigen. Das ist ein ganz schöner Personenapparat. Es ist nicht damit getan für 15.000€ Equipment zu kaufen. Man braucht zwei Kameramänner, zwei Personen für die Regie, zwei Kommentatoren und das ganze muss koordiniert sein und eine dementsprechende Qualität haben. Da gibt es klare Vorschriften. Das haben wir aber mit unserem jungen Team, das unglaublich ehrgeizig und engagiert ist, super hinbekommen. Wir starten heute und freuen uns darauf. Auch hier werden wir uns Woche für Woche durch unsere Erfahrungen verbessern. Wir haben hier viele Eishockey-Prominente in Bad Tölz oder werden versuchen auch mal einen Fan dazu zu bewegen als Co-Kommentar zu arbeiten, um es authentischer zu machen. Viona Harrer wird es als feste Kommentatorin leiten. Uns freut es, dass wir morgen direkt Klaus Kathan dabei haben, der das Eröffnungsbully macht und danach als Kommentator für SpradeTV zur Verfügung steht. Das ist geballte Fachkompetenz.”
Ebenfalls erstmals wird es in Bad Tölz die Möglichkeit geben bargeldlos zu bezahlen. Geht man damit auch einen weiteren Schritt in die Zukunft?
“Es gibt in vielen deutschen Stadien ein System mit bargeldlosem Zahlungsverkehr. In der Allianz Arena gibt’s das beispielsweise auch seit längerer Zeit schon alternativlos. Unser Hauptsponsor, dem wir nicht oft genug danken können hat uns auch in dieser Saison gefragt, was wir brauchen um nicht mehr unten mitzuspielen und Gas zu geben. Sie haben sich sofort bereit erklärt uns auch noch zusätzlich zu unterstützen. Nun kam die Idee mit der wee ArenaCard in Bad Tölz. Wir sind hier ja eine Art Testläufer, was uns auch mit Stolz erfüllt, dass uns so vertraut wird. Jetzt wird die wee ArenaCard eingeführt, mit der Fans im Stadion konsumieren und sich Tickets kaufen können. Ich denke das ist eine hochinteressante Sache und auch in anderen Stadien schon ganz normal. Wir werden das auf jeden Fall unterstützen. Ich denke, dass wir da in den nächsten Monaten und Jahren auch ein Vorreiter sind und stolz darauf sein können. Wir dürfen uns nicht immer versperren, weil neue Sachen passieren eben. Es läuft ja alles weiter, wir sehen weiterhin hochklassiges Eishockey in Bad Tölz. Es ist nur eine zusätzliche Erneuerung und eine innovative Idee unseres Hauptsponsors.”
In dieser Woche wurde der Vertrag zum geregelten Auf-und Abstieg zwischen DEL2 und DEL ab 2021 unterschrieben. Sehr wichtig auch für das Gesamtbild des deutschen Eishockeys…
“Das stimmt hundertprozentig. Ich weiß nicht, warum es so lange gedauert hat. Aber der deutsche Fan, der deutsche Sponsor ist mit dem Auf- und Abstieg groß geworden und es sind Emotionen, von denen der Sport lebt. Ich finde es ganz wichtig, dass es das in Zukunft gibt. Trotzdem darf man jetzt nicht denken, dass damit das deutsche Eishockey gerettet ist. Ich denke, dass die Arbeit jetzt erst losgeht. Wir müssen aus dem Erfolg der Nationalmannschaft und dem eingeführten Auf- und Abstieg jetzt auch die Weichen stellen. Wir müssen unseren Sport dementsprechend vermarkten, dass man große Sponsoren für die Liga gewinnt und die DEL2 dementsprechend auch vergrößert, um sie sportlich und wirtschaftlich zu verbessern. Wir haben weiterhin speziell bei den Traditionsstandorten viele Baustellen, dass der Eishockeysport und die Nachwuchsarbeit immer schwerer zu finanzieren sind. Da muss man jetzt auf den Erfolgen und dem geregelten Auf- und Abstieg aufbauen.”
Wo sehen Sie die Tölzer Löwen in den nächsten Jahren?
“Ich denke, wir sind auf einem sehr guten Weg. Wir dürfen uns nicht vor Veränderungen versperren, nur weil es in der Vergangenheit anders war. Wir müssen Ziele haben und sehen, dass wir uns in der DEL2 etablieren. Wir müssen weiterhin so wirtschaften, dass der Eishockeysport in Bad Tölz gesichert ist. Das betrifft die sportliche Seite, die Sponsoren und die Zuschauer. Aber eines steht natürlich ganz oben: Wir sind und bleiben die Tölzer Löwen!”
… und es betrifft sicher auch den Nachwuchs-Bereich?
“Klar, wir müssen den Nachwuchs weiter stärken. In den letzten Jahren hatten wir dort ein unglaubliches Niveau. Man könnte wahrscheinlich eine komplette Mannschaft aus Tölzern aufstellen, die in der DEL spielen oder einen Seriensieger der DEL2 stellen könnte. Leider bekommt man nichts als abgebender Verein außer einem Dankeschön und einem Schulterklopfer. Andere Vereine sagen dann: „Mensch, die Tölzer sind aber lustige Kerle, die bilden aus und wir holen uns die Talente weg, wir brauchen ja nur ein bisschen mehr zahlen als die Tölzer. Bevor wir selbst ausbilden, machen wir es lieber so“. Das ist sehr schade für Bad Tölz und für die Ausbildungsvereine, wie Rosenheim, Landshut, Regensburg oder Kaufbeuren, dass immer noch viel zu viel ausgebildet werden muss und es viel zu wenig Entschädigung dafür gibt. Für uns ist es ganz wichtig, dass wir mit dem Nachwuchs ganz eng zusammenarbeiten. Wir haben mit Florian Funk einen überragenden Trainer, ein hervorragendes Team mit Markus Berwanger und Florian Funk, das super zusammenarbeitet. Da gibt’s keine Reibereien mehr zwischen zwei Trainern mit verschiedenen Ansichten. Die Tölzer Eissport GmbH arbeitet sehr gut mit dem Präsidium vom Nachwuchs zusammen. Das sind natürlich dann auch oft emotionale Gespräche und auch ein sehr direkter Austausch, aber das ist auch gut so. Es geht um die Sache und es wird geradeaus geredet, dementsprechend kommt alles auf den Tisch und wir gehen positiv aus den Gespräche heraus. Aber es ist ganz wichtig, dass die Vereine, die Nachwuchsarbeit betreiben und ausbilden viel besser unterstützt und entschädigt werden. Lang wird das nicht mehr gehen, dass kleinere Standorte so hervorragend ausbilden und die großen Clubs ohne Ausbildung die Spieler wegschnappen. Da muss man schnell eine Lösung finden.”
Was treibt Sie an den Nachwuchs trotzdem in dieser Form weiter zu fördern?
“Ich denke, das ist mit das Schönste am Sport. Das ist in Tölz Tradition. Natürlich könnte jetzt jemand mit einer Million in der Hand kommen, mit der ich mir die Mannschaft zusammen kaufen kann. Das ist dann aber wie am Viktualienmarkt in München, wo der Koch zum Einkaufen geht und nicht aufs Geld schauen muss. Wir sind aber in Bad Tölz und das Schönste ist doch, wenn man sich etwas Langfristiges erschaffen kann. Wenn man Spieler hat, die schon als kleine „Buam“ bei uns waren und selbst in der Kurve standen. Da haben wir sehr viele Beispiele, wie Hansi Sedlmayr, der einer der besten deutschen Spieler der Liga ist. Das ist das größte Lob, das du als Nachwuchstrainer, als Präsidium oder später als Geschäftsführer bekommen kannst. Die Burschen, die im Nachwuchs spielen haben alle das Herz am richtigen Fleck und spielen nicht nur in Bad Tölz, weil links der Tegernsee, rechts der Starnberger See ist und wir schöne Berge haben, sondern weil sie wirklich für den Club spielen möchten und alles geben. Das ist so eine schöne Sache, weil genau diese Spieler dir auch in den schlechten Zeiten helfen. Typen, wie Schlager, Sedlmayr, Schwarz oder Reiter, die natürlich andere Angebote gehabt haben aber sich für den Tölzer Weg entschieden haben. Wir werden in den nächsten Wochen auch eine Meldung haben, weil Philipp Schlager langfristig in Bad Tölz bleiben möchte und da werden wir eine Lösung finden. Da muss ich sagen: Auf solche Typen freust du dich jedes Mal, wenn du in die Eishalle gehst.”
Ein schönes Schlusswort, danke für Ihre Zeit!